Konzept

Das Active Cinema

Active Cinema

Die Marke »Active Cin­e­ma« ste­ht für inter­aktive Filme, die soziale The­men erleb­bar machen und eine nach­haltige Produktions­weise. Dabei verbindet es fik­tionalen Film mit der Inter­ak­tiv­ität von Com­put­er­spie­len und verän­dert die Rezep­tions­form des Pub­likums im Kino von einem pas­siv­en Erleben hin zu einem aktiv­en Gestal­ten. Das erste Pro­dukt unter der Marke »Active Cin­e­ma« ist der inter­aktive Spielfilm »I am. Error.«

I am Error

Outline

»I am Error« ist ein inter­ak­tiv­er Spielfilm, der die akustis­che Welt ein­er Schw­er­höri­gen erleb­bar macht und nach­haltig pro­duziert wurde. Im Kino entschei­det das Pub­likum in demokratis­chen Mehrheit­sentschei­dung über die Entwick­lung der Handlung.

Story

Bei ein­er Explo­sion auf einem Stadt­fest ver­liert die 26jährige Han­na 70% ihrer Hör­fähigkeit. Während sie auf eigene Faust einen möglichen Täter sucht, muss sie sich ihren neuen Leben­sum­stän­den und den damit verknüpften gesellschaftlichen Prob­le­men stellen.

2. Interaktivität

2.1 Inhaltlicher Umfang

> 6 unter­schiedliche Enden
> über 120 unter­schiedliche Filmver­läufe.
> ein­mal sehen und spie­len dauert ca. 35 — 50 min
> zwei Durchläufe

Da es bish­er wenige inter­aktive Kinospielfilme gibt und somit kaum eine Sehge­wohn­heit vor­liegt, wird »I am. Error.« zwei Mal gezeigt um das Prinzip eines inter­ak­tiv­en Films erleb­bar zu machen

2.2 Besonderheit

Das Beson­dere an »I am Error.« ist die Inter­ak­tiv­ität, aus der sich eine äußerst span­nende Erzählform entwick­eln lässt, denn das Pub­likum kann zwei mögliche Lebenswege ein­er Frau vom Charak­ter ein­er Han­na erleben bzw. über den Weg ihrer Entwick­lung bes­tim­men. Ein­er­seits kann es darüber entschei­den, ob Han­na mehr und mehr an ihrer Sit­u­a­tion verzweifelt und sich dadurch kör­per­lich und auch geistig in eine neg­a­tive Rich­tung entwick­elt. Ander­er­seits kann es darüber entschei­den, ob Han­na sich ihren neuen Leben­sum­stän­den stellt und sich dadurch in eine pos­i­tive Rich­tung entwickelt.

2.3 Inhaltliche Umsetzung

Wir sehen Han­na bei ihrem Akustik­er. Im OFF hören wir die Vorgeschichte auf dem Stadt­fest. Sie endet mit der Explo­sion. Dem Pub­likum begeg­net Han­na in der Folge als pas­sive Anti­heldin, deren leben­stech­nis­che Rah­menbe­din­gun­gen sich durch die Schw­er­hörigkeit stark verän­dert haben. Alle ihre alten Werte, Moralvorstel­lun­gen und Lebens­mot­tos greifen nicht mehr richtig. Dadurch gerät sie in eine starke Iden­titäts- und Sinnkrise, da sie nicht weiß, wie sie ihr neues (kör­per­lich­es) »Ich« mit ihrem alten »Ich« verbinden soll. Durch das Gefühl der Macht­losigkeit über ihr eigenes Schick­sal über­lässt Han­na ihre Entschei­dun­gen ein­er Smart­phone App, in welche sie zu entschei­dende Sachver­halte ein­tippt. Im dra­matur­gis­chen Sinne sendet die Haupt­fig­ur ihre Frage an das Pub­likum im Kinosaal und über­lässt ihm die Entschei­dung über den Fort­gang der Geschichte. Dabei ist sich die Haupt­fig­ur der Anwe­sen­heit des steuern­den Pub­likums nicht bewusst. Im Kinosaal wählt der/die Zuschauer/in je nach per­sön­lichem Bedürf­nis einen der Wege aus und sendet seine Entschei­dung als Antwort zurück an Han­na in den Film. Die Antwort mit den meis­ten Stim­men führt zum entsprechen­den Hand­lungsstrang. Das Pub­likum entschei­det dabei über die Entwick­lung der Hand­lung, den emo­tionalen Zus­tand der Haupt­fig­ur und die
Fig­urenkon­stel­la­tio­nen. Ab Mitte des zweit­en Aktes übern­immt das Pub­likum zum Teil die Kon­trolle über Han­na, indem es ihr unge­fragt Nachricht­en auf ihr Smart­phone schickt. Somit wech­selt der inter­aktive Kinospielfilm »I am. Error.« zwis­chen der iden­ti­fika­tiv­en Kraft eines Spielfilms und der immer­siv­en Kraft eines Com­put­er­spiels. Han­na ist somit ein­er­seits eine filmis­che Fig­ur, die sich von der App helfen lassen möchte, ander­er­seits ist sie aber auch ein Avatar, den das Pub­likum steuert und je nach­dem, unter­stützen, ver­let­zen, verängsti­gen oder auf­bauen kann.

3. Akustische Welt

3.1 Besonderheit

Das Pub­likum befind­et sich akustisch im Kopf der schw­er­höri­gen Haupt­fig­ur, d.h. das Pub­likum hört mit Han­nas Ohren. Die Klang­welt wech­selt dabei zwis­chen dem Hören ohne Hörg­eräte und mit Hörg­eräten. Bei der akustis­chen Gestal­tung »mit Hörg­eräten«, wird der Klang umso klar­er, je näher sich die Haupt­fig­ur auf eine Klangquelle (andere Fig­ur, Filmkatze, Radio etc.) oder sich ein Klangquelle auf sie zu bewegt. Dabei entwick­elt sich die Klang­welt je nach Entschei­dungsweg in eine para­noide und selb­st­be­wusste Richtung.

3.2 Hauptdarstellerin – Anne Zander

Die Haupt­darstel­lerin Anne Zan­der ist hochgr­a­dig schw­er­hörig und hat schw­er­hörige Eltern.
Da sich ihre Großel­tern und ihr Akustik­er früh darum bemüht haben, dass Anne sprechen lernt,
ist sie heute eine Art »Hybrid« zwis­chen hören­der und schw­er­hören­der Gesellschaft. Ein­er­seits gehört sie zu den Hören­den, weil sie nor­mal spricht, aber auf Grund ihre Schw­er­hörigkeit wiederum nicht. Ander­seits gehört sie zu den schw­er Hören­den, da sie hochgr­a­dig schw­er­hörig ist, aber auf Grund ihres gesun­den Sprechens wiederum nicht. »I am Error.« ver­ar­beit­et diese Problematik.

4. Nachhaltige Produktionsweise

4.1 Grundüberlegung

Für mich als (zukün­fti­gen) Pro­duzen­ten bedeutet Nach­haltigkeit nicht nur Umwelt­be­wusst­sein, son­dern auch der respek­tvolle Umgang mit und zwis­chen den Mitar­beit­ern, sowie das inter­aktive Erleb­bar machen von sozialen The­men. Auss­chlaggebend für den Erfolg ein­er nach­halti­gen Produktions­weise ist dabei, dass das Unternehmen bzw. der Unternehmer klar seine Vorstel­lun­gen zum The­ma Nach­haltigkeit kom­mu­niziert. Nur wenn das Team alle Punk­te des Nach­haltigkeit­sprinzips annimmt, ist gewährleis­tet, dass das Team eigen­ständig danach handelt.

4.2 nachhaltiges Team

Bei ein­er Film­pro­duk­tion lastet auf dem Team ein sehr hoher kreativ­er und wirtschaftlich­er Erfol­gs­druck. Durch die zusät­zlichen Belas­tun­gen wie Stress, Müdigkeit und die z.T. raue Kom­mu­nika­tion am Set, entwick­elt sich ein Span­nungs­feld, in dem Kon­flik­te vor­pro­gram­miert sind. Meist han­delt es sich dabei um ein­fache Kon­flik­te, die sich aber in ver­lauf der Pro­duk­tion ver­fes­ti­gen und poten­zieren kön­nen. Wenn die Kon­flik­te nicht gelöst wer­den, kann es zu Stre­it, Ver­weigerung von Kom­mu­nika­tion und nicht Erfül­lung von Auf­gaben kom­men. Dies bedeutet zum einem, dass sich ggf. die Pro­duk­tion­szeit ver­längert und die Pro­duk­tion­skosten steigen. Zum anderen, dass ganze Abteilun­gen auseinan­der brechen oder die Abteilungsleit­er nicht mehr richtig zusam­me­nar­beit­en. Let­z­tendlich sieht man einem Film an, ob
das Team zusam­mengear­beit­et hat oder jedes Team­mit­glied für sich. Auf Grund dieser Erfahrungswerte habe ich in das Pro­jekt einen Team­be­treuer einge­bun­den. Dieser soll eine angenehme Arbeit­sat­mo­sphäre schaf­fen und in Kon­flik­t­si­t­u­a­tion ver­mit­tel­nd helfen. Er organ­isiert team­bildende Maß­nah­men in alle Phasen der Filmher­stel­lung und bei Kon­flik­ten kön­nen sich Team­mit­glieder bei ihm anonym melden. Er ver­mit­telt dann zwis­chen den Parteien, kann media­tiv und/oder deeskalierend helfen. Mit dem Ein­binden eines Team­be­treuers geht es nicht nur um die Sicherung des wirtschaftlichen Erfolges eines Pro­jek­tes, son­dern auch darum, dass sich langfristig ein Team bildet, das sich immer wieder in neuen Pro­jek­ten zusam­men­find­en kann.

Im Bezug auf den nach­halti­gen Umgang mit der Natur stellt sich mir die Frage: »Was kann ein
Team­mit­glied während des Pro­jek­tes tun und was kann das Unternehmen in Abhängigkeit von
sein­er Größe tun, um die Umwelt zu scho­nen?« Fol­gende Punk­te erschienen mir im Rah­men
ein­er (stu­den­tis­chen) Film­pro­duk­tion sin­nvoll und real­isier­bar:
> Mül­laufkom­men am Set ver­ringern
> Ver­wen­dung von Naturkos­metik und Kostü­men
> Ein­satz von Pro­duk­tions­fahrrädern zum Erset­zen von Pro­duk­tions­fahrzeu­gen
> dop­pel­seit­iges Druck­en und ver­wen­den von recycel­tem Papi­er
> Kostüme in die Altk­lei­der­samm­lung geben
> Fair Trade Cater­ing und übrige Nahrungsmit­tel nach dem Dreh spenden
> gemein­same Baumpflanzung am Ende des Projekts

4.3 Nachhaltige Produktion

4.4 Nachhaltiges Filmthema (Am Beispiel von »I am Error.«)

Im alltäglichen Leben begeg­net mir im Bezug auf das The­ma Schw­er­hörigkeit immer wieder der Begriff Bar­ri­ere­frei­heit. Er ist ver­bun­den mit der Schaf­fung besser­er sozialer Bedin­gun­gen für Schw­er­hörige durch Regeln und Geset­ze. Ich habe fest­gestellt, dass dies aber nicht wirk­lich zu ein­er Inte­gra­tion schw­er­höriger Men­schen in unser­er Gesellschaft führt. Denn zur Inte­gra­tion gehört, dass sich min­destens zwei gesellschaftliche Grup­pen aufeinan­der zu bewe­gen und daraus eine neue Gesellschaft entste­hen kann. Im Prinzip tra­gen dazu aber fast nur Schw­er­hörige bei, indem sie sich in die Hören­den-Gesellschaft inte­gri­eren. Hörende jedoch kön­nen sich nur schw­er in die Schw­er­hören­den-Gesellschaft inte­gri­eren. Denn dafür benöti­gen sie keine Regeln und Geset­ze, son­dern vielmehr die Möglichkeit, die Welt der schw­er Hören­den emo­tion­al und akustisch zu erleben. Der Film »I am Error.« soll Hören­den helfen, sich in die Gesellschaft schw­er Hören­der inte­gri­eren zu kön­nen, indem er Schw­er­hörigkeit bewusst erleb­bar macht, um so eine geistige Bar­ri­ere­frei­heit Hören­der im Bezug auf Nichthörende zu schaf­fen. Dieses Erleb­bar machen soll nach­haltig helfen, neue Denkprozesse bei Einzel­nen und struk­turelle Verän­derun­gen inner­halb unseres Lan­des anzustoßen.

Konzept und Idee: Paul Bauer 2016